Stell dir vor du bist Tabellenzweiter und keinen interessierts. Der FCI hat den besten Saisonstart in der zweiten Liga hingelegt, spielt tollen Fußball und kann gegen den Tabellenletzten bei schönem Spätsommerwetter nachlegen. Dennoch schaffen es keine 5000 Zuschauer in den Sportpark, was sicherlich auch an der Spielansetzung Dienstag, 17:30 Uhr liegt, dennoch aber für Kopfschütteln sorgt.

 

Dienstag, 17:30 Uhr ist in der Tat eine der dämlichsten Ideen der DFL und so gilt es vor allem den Gästen Respekt zu zollen, die trotz schlechtem Saisonstart unter der Woche den Weg aus dem Erzgebirge auf sich genommen haben und ihren Club unterstützen. Rund 350 Fans aus Aue dürften es gewesen sein, die nach dem 3:0 über St. Pauli am vergangenen Wochenende nach denkbar schlechtem Start in die neue Saison neuen Mut geschöpft hatten. Anteil daran hat vor allem auch ein alter Bekannter in Ingolstadt: Tommy Stipic, der bis vor wenigen Wochen noch Trainer unserer Amateure war und dort einen klasse Job erledigt hat. Nicht wenige waren traurig, als diese Nachricht bekannt wurde, allerdings überwiegt bei vielen die Freude darüber, dass der sympathische Trainer die Chance im Profigeschäft bekommt. Passend dazu gabs ein "Danke für alles Tommy" von den Outsidern zum Intro.

Unsere Mannschaft sollte also gewarnt gewesen sein, dass der FC Erzgebirge zwar Letzter in der Tabelle ist, aber mit einer ansteigenden Form und einem Trainer, der unsere Jungs kennt, nach Ingolstadt kommt. Hasenhüttl vertraute der Erfolgself der letzten Wochen und diese machte genau da weiter, wo sie in München aufgehört hatte: mit Offensivfußball. Wieder übernahmen die Jungs sofort die Initiative und spielten sich gute Chancen heraus - das Manko blieb weiterhin die Verwertung. Bereits nach 20 Minuten hätte es auch 3:0 stehen können, stattdessen stand es plötzlich 0:1. Für Aue hatte Löning die erste wirkliche Chance mit dem Kopf genutzt und den Spielverlauf auf den Kopf gestellt. Es spricht aber für unser Team, dass diese sich nicht beirren lies und quasi im Gegenzug endlich ihre Chance zum direkten Ausgleich nutzte. Torschütze war Hinterseer. Auch in der Folgezeit war unser FCI dominant und vergab beste Einschussmöglichkeiten, wie beispielsweise durch Morales, kläglich, sodass es mit 1:1 in die Pause ging.

Nach Wiederanpfiff legte der Fußballclub nochmals einen Gang zu, brannte ein wahres Offensivfeuerwerk ab und hatte Chancen im Minutentakt. Teilweise glich das einem Klassenunterschied und es ist schon beeindruckend, wie dominant diese Mannschaft auftritt, deren Spiele noch vor wenigen Monaten die gleiche Qualität wie ein Interview von Joachim Herrmann hatte. Aue konzentrierte sich aufs beherzte Verteidigen und brachte den FCI insbesondere durch Keeper Männel ein ums andere mal zum Verzweifeln.

Die Stimmung in dieser Phase war bemerkenswert. Wie sich bereits in der letzten Saison gezeigt hat, ist der Zusammenhalt und die Mitmachquote bei den schlechter besuchten Spielen um ein Vielfaches besser und so kamen die Gesänge nach der Pause sehr laut rüber. Ein besonderer Gänsehautmoment sollte ein Wechselgesang mit der Gegengerade sein, etwas das es so in dieser Form noch nicht gegeben hat. Respekt, das war vielleicht eine der besten Halbzeiten, die der Sportpark stimmungstechnisch von uns je erlebt hat.

Es war logisch, dass unser Team den enormen Druck nicht über die volle Spielzeit aufrecht erhalten konnte und so liefen wir zwar bis zum Ende an, konnten aber nicht mehr die großen Torchancen erzeugen, um das Spiel noch zu drehen. Auch wenn man mit dem Punktgewinn zumindest über Nacht wieder auf Platz eins springt, muss man sich doch ehrlich eingestehen, dass in diesem Spiel zwei Punkte verschenkt wurden. Respekt an den FCE, der sich diesen Punkt erkämpft hat.

Wenn wir die Enttäuschung über die vergebenen Torchancen außen vor lassen, können wir viel positives aus dem Abend mitnehmen: einen erneuten starken Auftritt unserer Mannschaft, ein Punktgewinn nach Rückstand, eine extrem geile Stimmung in der zweiten Hälfte und die Tatsache weiterhin ungeschlagen zu sein. So wurde dann auch noch Tommy Stipic von der Fankurve gefeiert und irgendwie gab es an diesem Tag keine Verlierer.

 

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