Alles oder nichts? Tod oder Gladiolen? Aufstieg oder Relegation? Relegation oder leere Hände? Der letzte Spieltag einer Saison steht nicht allzu selten unter diesem Motto. Bei uns hingegen stand am letzten Spieltag der vorerst letzten Zweitligasaison höchstens die Qual der Wahl zwischen Wodka und Bier an (und vielleicht Sekt, aber das lassen wir mal so stehen). Seit dem Sieg gegen RB Leipzig wurde der Zweitligameistertitel ausgiebig gefeiert, über eine Woche hinweg. Es darf sehr stark bezweifelt werden, dass sich eine Handvoll Spieler finden lässt, die auch nur ein Training nüchtern absolviert hatten. Aber sei´s drum, das Spiel gegen Kaiserslautern war ja auch nicht mehr als das Spiel vor der nächsten Party in der Innenstadt, die wiederum nur die Party vor der nächsten Party am Rathausplatz war, die wiederum nur die Party vor der Party am Volksfest, die wiederum nur die Party vor dem verdienten Urlaub in Mallorca, selbstverständlich samt Party, darstellte.

Auch für uns Fans sollte diese Fahrt natürlich zu einem absoluten Ausnahmezustand führen, wenn 2200 Fans den FCI begleiten, ist das für uns schon eine ordentliche Hausnummer. Etwas verspätet wankte der sichtlich von den Tagen zuvor gezeichnete Tross in die Busse. An diesem Spieltag lud BRC zu dem besonderen Anlass Freunde und ehemalige Mitglieder der Gruppe ein, die letzten Minuten in Liga 2 und die Weg auf den Betzenberg im gemeinsamen Bus anzutreten. Schön, die ganzen alten Gesichter wieder einmal zu sehen und vielleicht läuft man sich beim FC mal wieder öfter über den Weg. Ganz besonders hervorheben wollen wir den französischen Besuch aus Caen, für die selbsterständlich auch 4 Plätze reserviert wurden. Immer wieder schön, diese positiv Verrückten dabei zu haben. Wir sagen: Merci et á bientôt!

Die Menge an Bussen wurde später noch zu einem Problem, diese Dimensionen hatte man einfach noch nicht und an ebensolche muss man sich erst noch gewöhnen. Trotz aller Widrigkeiten erreichte man eine Viertelstunde vor Anpfiff den Gästeblock, entschied sich aber aufgrund negativer Erfahrungen in der Vergangenheit die geplante Choreographie erst in der zweiten Halbzeit durchzuführen. Stattdessen zeigte die Kaiserslauterner Seite eine Blockfolie mit Vereins- und Stadtlogo mit darauf zulaufenden Strahlen bestehend aus Täfelchen. Mit Sicherheit nicht die kreativste Idee, aber allein aufgrund der Dimensionen doch beeindruckend. In Bezug auf den Support erkannte man schnell, das man mit den altbekannten Gassenhauern schon mal etwas lauter als gewohnt werden konnte, aber im Großen und Ganzen doch der Alkohol seinen Tribut zollte. Bei einem anderen Spiel hätte ich mich an dieser Stelle darüber mockiert, wie man sich nur so zulaufen lassen kann und dann keinen ordentlichen Support mehr auf die Beine bekommt, aber an diesem Tag gab es wichtigeres und von solchen Dingen sollte man sich dann auch nicht runter ziehen lassen.

Ansonsten glich der Support einer einzigen Jubelarie: völlig ungeachtet des Spiels kletterte Kapitän Marvin Matip auf das Vorschreierpodest, gab das gefühlte 1000. Mal in den letzten sieben Tagen nacheinander die Buchstaben, H, U, M, B und A von sich und ließ den Gästeblock ausrasten. Danach stimmte auch noch Danny da Costa das ein oder andere Liedchen an, welche genau kann ich nicht mehr sagen.

Zum Start der zweiten Hälfte zeigten wir dann noch die eigentlich für die erste Halbzeit geplante Choreo unter dem Motto „Merce Buam“. Während im Block rote Tafeln sowie Pappen mit allen Spielernamen hochgehalten wurden, waren vorne am Zaun schemenhaft die Spieler in Jubelpose zu sehen. Danke an alle beteiligten Gruppen, wieder mal ein schönes Gemeinschaftsprojekt!

Derweil kickten auch ein paar Leute auf diesem Rasen da unten. Irgendwann stand´s mal 1:0, dann stand´s 1:1. Das ist mehr oder weniger alles, was ich von diesem Spiel mitnehmen konnte. Natürlich eine bittere Sache für den FCK, der damit nicht aufstiegen war. Die Lauterner waren aufgrund ihres Vereinsumfelds natürlich Erstligaaspirant und sind es auch in der kommenden Saison, aber nichtsdestotrotz hatte ich nach dem Spiel schon den Eindruck, dass doch eine versöhnliche Stimmung samt „You´ll never walk alone“ auf dem Betzenberg zwischen der Mannschaft und den Fans vorherrschte.

Trotz all dem Jubel und Party darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, welche Szenen sich gegen Ende des Spiels in unserem Block abgespielt hatten. Ein langjähriger Fan des FCI stürzte vom Zaun nach innen auf die Tribüne zurück und zog sich eine Kopfverletzung zu. Die Ungewissheit im Block, was mit ihm geschehen war und wie es ihm geht, zehrte an den Nerven aller. In einer solchen Situation wird der Aufstieg, die Meisterschaft, der ganze historische Triumph, der Fußball zur Nebensache. Selbstverständlich stoppte man sofort den Support und ich hoffe die Mannschaft sah es uns in so einer Situation nach, dass man in so einem Moment nicht mehr ganz so zu feiern aufgelegt war. Als sich dann die ersten positiven Nachrichten über sein Gesundheitszustand verbreiteten und er anscheinend Glück im Unglück hatte, verbesserte sich die Laune wieder Stück für Stück.

Die Rückfahrt lief nicht für alle so glatt wie für unseren Bus, einer hatte eine Reifenpanne und kam deswegen erst Stunden nach uns an, aber ich hoffe und glaube, dass dieser Zwischenfall der dortigen Stimmung keinen allzu großen Abbruch getan hat. Um ungefähr 11 Uhr war man da wieder in Ingolstadt angekommen und die Stimmung befand sich auf dem Zenit.

Und an dieser Stelle, mit dem Aufstieg und der Meisterfelge in der Hand, immer noch überwältigt von dieser unglaublichen Saison, ungläubig darüber, was aus deinem Verein geworden ist, war man abermals mit der eingangs gestellten Frage konfrontiert, die uns schon die letzte Woche und den Tag begleitet hatte:

Wodka oder Bier?

 

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