Wenn du am Morgen nach einem Spiel verkatert aufwachst und am Handy checkst, ob das letzte Spiel nur ein Traum war, erleichtert feststellst, dass es geile Realität ist und glücklich wieder einschläfst - dann war der Vorabend wohl hochgradig verrückt und unwirklich.
Aber von vorne: Freitagabendspiel gegen die Fortuna aus Düsseldorf. Die letzte Vorlesung der Woche früher verlassen, um doch noch rechtzeitig am Stadion zu sein und dem erfolgsbedingten Andrang am Sportpark halbwegs zu entgehen. Trotz des zeitgleichen Finalspiels des ERC war der Sportpark mit über 10.500 Zuschauern gut gefüllt und auch auf der Südtribüne kam es mir überraschend voll vor.
Dass dem FCI Freitagsspiele liegen, ist ein offenes Geheimnis und durch die gewachsenen Ansprüche schien der ein oder andere in der festen Erwartung eines Heimsiegs ins Stadion gekommen zu sein. Gegen Düsseldorf, das am vorausgegangenen Montag gegen den Zweitplatzierten Lautern ein 1:1 erkämpft hatte, sollte dies aber von Anfang an ein schweres Unterfangen werden. Düsseldorf erwies sich als der erwartet unangenehme Gegner und so blieben gute Chancen auf beiden Seiten Mangelware. Bis zur 29. Minute als Lex plötzlich frei vor Rensing auftauchte und von Bodzek am Torschuss gehindert wurde. Schiri Drees entschied folgerichtig auf Elfmeter und rote Karte. Der zweite Elfmeter der Saison erst, nachdem dem FCI in dieser Beziehung öfter mal eine Entscheidung verwehrt blieb. Hasenhüttl hatte sich über diesen Umstand des Öfteren beschwert, dabei wurde im Anschluss deutlich, dass uns Strafstöße eigentlich keinen großartigen Vorteil bescheren. Morales, der bereits beim Testspiel gegen Nürnberg verschossen hatte, aber immerhin in Offenbach getroffen hatte, trat also an - und verschoss kläglich. Es sollte im Übrigen zu seinem weiteren Auftritt an diesem Tag passen.
Der Stimmung hätte dieser Führungstreffer durchaus gut getan, denn bis dahin waren maximal 2-3 Lieder in akzeptabler Lautstärke von der Süd zu hören gewesen. Dem war selbstverständlich nicht zuträglich, dass die Gäste nahezu im Gegenzug an den verschossenen Strafstoß in Führung gingen. Der sonst sichere Danilo hatte einen Blackout, Pohjanpalo sagte danke. Mit Rückstand und einer Stimmung, die man gut und gerne als schlechteste in dieser Saison bezeichnen darf, ging es in die Pause. Sogar die Gegengerade war zeitweise aktiver und man fragt sich schon, ob manch einer nur auf der Südtribüne steht, weil es hier eventuell billig einen Bundesligaaufstieg zu sehen gibt.
Der Traditionsverein aus Düsseldorf, der sich in der Vergangenheit gerne mal über unsere geringe Auswärtsfahrerzahl ins Rheinland (bei drei Freitagsspielen in Folge) lustig machte, reiste mit rund 400 Fans an und zeigte in der zweiten Halbzeit ein Banner zu fangerechten Anstoßzeiten. Dem kann man uneingeschränkt zustimmen, dennoch war der Auftritt an diesem Tag recht unspektakulär und ich hätte von F95 auch an einem Freitag mehr erwartet.
Im zweiten Spielabschnitt fuhr Düsseldorf in bester Chelsea-Manier den Mannschaftsbus vor das eigene Tor und stellte jegliche Offensivbemühungen aufgrund der Unterzahl ein. Der FCI baute somit Druck auf und nach 20 Minuten war der Abwehrriegel erstmals geknackt: Der eben eingewechselte Hartmann traf mit bester Schusstechnik nach unfreiwilliger Vorlage der Fortuna-Defensive. Trotz ausgeglichenem Spielstand änderte sich nichts an der Situation: Der FCI drängte auf die Führung - doch einen Konter gönnte sich Düsseldorf dann doch. Nur zehn Minuten nach dem hart erkämpften Ausgleichstreffer, vollendete Bebou für Düsseldorf und das Spiel ging wieder von vorne los. Der FCI mit Wut im Bauch aber auch schwindender Zeit, rannte weiter an auf das Tor vor der Südtribüne. Und wenn nichts fruchtet beim FCI, dann bleiben immer noch Standardsituationen: Freistoß Groß - Kopfball Leckie - Ausgleich in der 86.! Spätestens jetzt war die Bude am beben und jeder in schwarz-rot glaubte an den Sieg. Dieser wäre wohl ohne gütige Mithilfe von Herrn Rensing nicht zustande gekommen. Der vom FC Bayern aufgestiegene Keeper bemühte sich redlich in Hälfte zwei entsprechende Sekunden zu schinden, um dem FCI mit der Nachspielzeit von fünf Minuten nochmals unter die Arme zu greifen. So wäre ohne seine Mithilfe nie der letzte Freistoß für den FCI gepfiffen worden, Drees hätte nie diesen als letzte Aktion in der 96. ausführen lassen und Matip wäre nie zum Kopfball gekommen. Hätte, hätte, Fahrradkette - danke, Michael :-)
Was dann folgte waren Szenen, wie ich sie in diesem Ausmaß noch nicht erlebt habe: Überschwänglicher Jubel in den Armen von Freunden und unbekannten Leuten, die Hälfte der Gruppe mit Tränen in den Augen und eine Humba mit dem herausragenden Pascal Groß.
Man könnte noch viel mehr über die sportliche Bedeutung dieses Siegs schreiben. Ich erspar mir das, genieße die Gänsehaut beim Gedanken an diese verrückten Minuten und sag mal: Wer solche Spiele gewinnt, der... :-)